Das völlig unspektakuläre Kürzel „fabre“ steht für die Formaldehyd basierte Abgasreinigung. Diese schickt sich an, die Katalysatoren zum Entfernen von Schadstoffen unter anderem aus dem Abgas von Biogasmotoren abzulösen.
Nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigte Biogas-BHKW müssen Grenzwerte für verschiedene Schadstoffe im Abgas einhalten. Im EEG 2009 gab es dafür mit dem Emissionsminderungs-Bonus sogar einen besonderen Anreiz. Unter anderem dürfen nicht mehr als 40 Milligramm Formaldehyd in einem Kubikmeter Abgas enthalten sein. Dafür ist in der Regel eine zusätzliche Abgasreinigung nötig. Realisiert wird sie oft mit einem sogenannten Oxi-Kat, der jedoch sehr empfindlich gegenüber Schwefelverbindungen im Abgas ist.
Daß es auch anders geht, zeigt die Entwicklung der Dipl.-Ing. Giuliani Entwicklungsingenieure GbR und des Maschinenbauers Merath Metallsysteme GmbH: eine Abgasreinigung mit der schlichten Bezeichnung „fabre“. Entstanden ist sie aus der Suche nach einem Abgasreinigungssystem für Fahrzeuge, nachdem erste Umweltzonen in den Städten eingerichtet worden waren. Stationär wurde die Reinigung, weil die Entwickler zunächst an Bhkw-Motoren aufgrund deren konstanterer Rahmenbedingungen forschten. Damit war die Abgasreinigung „fabre“ geboren.
Doch zuvor standen verschiedene Versuchsansätze und Messungen auf dem Plan. Diese zeigten, „daß sich bei älteren Motoren, die mit Biogas betrieben werden, der Formaldehydanteil im Abgas erhöht, wenn man Lambda so einstellt, daß der Anteil der Stickoxide unterhalb der Grenzwerte bleibt“, erinnert sich der Entwickler Otmar Giuliani. Eine andere Lösung war also nötig. „Das bereits bekannte SCR-Verfahren in Verbindung mit Partikelfilter, Nachverbrennung und Aktivkohlefilter erschien uns kaum zum Nachrüsten geeignet, zumal dies einen Umbau des Schaltschrankes des Blockheizkraftwerkes bedeutet hätte“, so Giuliani weiter. Außerdem werde bei der Nachverbrennung Energie vernichtet und die Umwelt trotzdem belastet.
„Bei einer genauen Betrachtung der Elemente des Formaldehydmoleküls fiel uns auf, daß in zwei Formaldehydmolekülen in der Summe die selbe Anzahl von Atomen vorhanden ist wie in einem Methan- plus einem Kohlendioxidmolekül“, überlegte Giuliani. Aus dem Methan ließe sich im Biogas-BHKW Strom und Wärme gewinnen. Das Problem war nur, daß eine direkte chemische Umsetzung nicht möglich ist. „Also mußte nach einem Umweg über eine Zwischensubstanz gesucht werden, die Bakterien zu Methan und Kohlendioxid abbauen kann“, lautete nun der Plan. Bei den Überlegungen half, daß sowohl Formaldehyd als auch Kohlendioxid in Wasser löslich sind. Außerdem verbindet sich Formaldehyd mit Harnstoff zu Aminoplast, einer kunstharzähnlichen Substanz, die die geforderte Abbaubarkeit besitzt. Zudem reagiert Harnstoff mit Stickoxiden zu unschädlichem Stickstoff.
Das Fluid macht’s
Das Ergebnis ist eine Anlage, die zwei Prinzipien vereint: eine Wäsche und einen Katalysator. Das heiße Abgas aus dem BHKW wird zunächst in dem Abgasreinigungsreaktor geleitet, wo es Edelstahl-Filterpakete passiert, die mit dem sogenannten Fluid getränkt sind. Dieses enthält die auch als Lebensmittelzusätze verwendeten Kohlenstoff-Stickstoffverbindungen Harnstoff und Carbamid. Diese reagieren im Filterpaket vor allem mit Formaldehyd und Stickoxiden zum Aminoplast sowie zu Wasser und Stickstoff. Aber auch andere Kohlenstoff- und Schwefeloxide sowie Feinstaub werden aus dem Abgas entfernt. Dafür ist allerdings ein guter Kontakt zwischen Abgas und Fluid nötig, der durch die Form und Arbeitsweise des Filterpaketes bewirkt wird. Das Fluid wird im Kreis geführt.
Da sich die Chemikalien im Fluid verbrauchen, läßt die Filterleistung mit der Zeit nach. Spätestens wenn die Meßwerte im Abgas sich den gesetzlichen Grenzwerten nähern, muß ein Teil des Fluids abgepumpt und müssen Wasser sowie Absorptions-Chemikalie nachgefüllt werden. Laut Entwickler ergaben bisherige Messungen einen Bedarf von etwa einem Kilo Chemikalie in fünf Tagen für eine 75-Kilowatt-Anlage. Der abgepumpte Teil Fluid kann dem regulären Biogasfermenter zugeführt werden, wo die Mikroben das Aminoplast abbauen.
Untersuchungen der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim bestätigten, daß das Fluid aus der Abgasreinigung in den Fermenter zurückgeführt werden kann. Das Gaspotential beträgt etwa ein Liter je Liter Fluid. Unabhängig davon entspricht das Fluid abwasserrechtlich leicht verschmutztem Abwasser und kann deshalb auch in das Abwassersystem eingeleitet werden.
Nachdem das BHKW-Abgas den Abgaswäsche-Reaktor verlassen hat, wird es in einem Wärmetauscher bis auf 40 Grad abgekühlt, wodurch etwa zwei Drittel der noch enthaltenen Feuchtigkeit kondensieren. Dabei fällt ein weiterer Teil Formaldehyd und Stickoxide aus, die durch die Wäsche schlüpften. Um sie dem Abbauprozeß erneut zuzuführen, werden sie dem Chemikalien-Aufbereiter der Wäsche zugegeben.
Einfach zu integrieren
Eingebaut wird das fabre System nach dem Turbolader. Der Abgaswärmetauscher kann in den Heizkreislauf integriert werden. Oft erübrigt sich dadurch auch der Einbau von Schalldämpfern. Die Wartung beschränkt sich auf das Überprüfen der Chemikalienpumpe, das Auffüllen mit neuer Chemikalie sowie das Reinigen des Filters, was parallel zur Motorwartung erfolgen kann. Die laufenden Kosten für Chemikalien, Wartung und gegebenenfalls Austausch von Dichtungen gibt der Hersteller mit 0,3 Cent je Kilowattstunde an.
Die Abgasreinigung kann auch an BHKWs betrieben werden, die als Brennstoffe Klärgas, Holzgas, Pflanzenöle und mehr nutzen. Die derzeitige Baureihe deckt BHKW bis zu 500 Kilowatt elektrischer Leistung ab. Den Vertrieb der fabre Abgasreinigung übernimmt die wingi GmbH i.G..